Sind Aufzüge, Druckanlagen oder Anlagen mit Explosionsgefährdung nicht nur mechanisch sicher, sondern auch ausreichend vor Cyberangriffen geschützt? Welche neuen technischen Herausforderungen bringt der sichere Umgang mit dem Medium Wasserstoff mit sich? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigen sich die Sachverständigen des TÜV Thüringen seit Jahren und begleiten dabei die Entwicklung innovativer Technologien von morgen. Wie es um die Sicherheit von überwachungsbedürftigen Anlagen bestellt ist, wertet der Technische Überwachungsverein einmal jährlich in seinem Anlagensicherheits-Report aus.
Zu Zeiten der ersten industriellen Revolution waren verheerende Explosionen und Unfälle an Dampfkesseln keine Seltenheit. Die Gefahren, die von der damals noch jungen Technik ausgingen, konnten erst mit Hilfe der Dampfkessel-Überwachungsvereine unter Kontrolle gebracht werden: Dank regelmäßiger Prüfungen mit klar geregelten Inhalten ist die Sicherheit von Dampfkesseln längst zu einer beherrschbaren Herausforderung geworden. Genau wie Aufzüge, Druckanlagen und explosionsgefährdete Anlagen, bei denen von einer besonderen Gefährdung für die Nutzer oder unbeteiligte Dritte ausgegangen werden muss, sind sie überwachungsbedürftig und müssen vor ihrer Inbetriebnahme, nach umfangreichen Veränderungen, aber auch generell und regelmäßig wiederkehrend durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) geprüft werden.
Während die physikalischen Gefährdungen nach wie vor gegeben sind, haben sich die Technik und die funktionale Sicherheit der Anlagen in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Dennoch unterliegen Anlagen einem zeitbedingten Verschleiß: Materialien können ermüden, Steuereinheiten können ausfallen und auch integrierte Sicherheitsfunktionen können versagen. Daher ist neben der wiederkehrenden Prüfung eine regelmäßige Wartung und Instandsetzung durch den Betreiber unerlässlich.
Durch den hohen Automatisierungs- und Technisierungsgrad der Anlagen ist inzwischen noch eine weitere Bedrohung in den Fokus gerückt: Gezielte Cyber-Attacken auf überwachungsbedürftige Anlagen sind längst zu einem Szenario geworden, das nicht außer Acht gelassen werden darf. Durch einen Cyberangriff könnten Anlagen außer Betrieb gesetzt oder Sicherheitsfunktionen manipuliert werden. Um einer solchen Gefahr entgegenzuwirken, wird seit 1. Juli 2023 das Vorhandensein von sicherheitstechnischen Maßnahmen zur Cybersicherheit für sicherheitsrelevante Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen (MSR) oder Einrichtungen, die für den sicheren Betrieb der Anlage relevant sind, bei den Prüfungen an den überwachungsbedürftigen Anlagen mit bewertet. Sollten Betreiber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die potenziellen Cyberbedrohungen nicht identifizieren und falls erforderlich, keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergreifen, würde das einen geringfügigen Mangel darstellen. Viele Betreiber sind sich dieser Gefährdung noch nicht bewusst. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Mängelquoten bei Aufzugsanlagen im kommenden Jahr steigen werden.
Der Anlagensicherheits-Report des TÜV Thüringen wertet Prüfungen an rund 12.000 Aufzügen, mehr als 32.000 Dampfkesseln und Druckanlagen sowie über 700 Anlagen mit Explosionsgefahr im gesamten Bundesgebiet aus. Bei den wiederkehrenden Anlagenprüfungen sowie den Prüfungen vor Inbetriebnahme stellen die ZÜS-Sachverständigen des TÜV Thüringen immer wieder auch gravierende Mängel fest, die ohne eine Prüfung nicht aufgedeckt worden wären.
Insgesamt kann den Dampf- und drucktechnischen Anlagen, die heute in Industrie und Gewerbe zum Einsatz kommen, ein hohes Sicherheitsniveau attestiert werden. Die Mängelquote stieg allerdings auf 33,1 Prozent und lag damit mehr als 2 Prozentpunkte über dem Vorjahresniveau (30,7 Prozent). Der Anstieg ist dabei besonders auf Druckanlagen mit erheblichen und gefährlichen Mängeln zurückzuführen: An 7,8 Prozent der Anlagen (Vorjahr: 5,7 Prozent) stellten die ZÜS-Sachverständigen des TÜV Thüringen bei der Prüfung solche Mängel fest. Mängel werden dann als erheblich oder gar gefährlich eingestuft, wenn beispielsweise Risse in der Behälterwand, Korrosion, Schweißnahtfehler oder defekte Sicherheitseinrichtungen auftreten und ein sicherer Betrieb bis zur nächsten Prüfung nicht mehr prognostiziert werden kann. Zudem wurden auch etwas mehr geringfügige Mängel an Dampf- und Druckanlagen diagnostiziert: Hier bewegt sich die Quote von 25,3 Prozent aber nahezu auf dem Vorjahresniveau (25,0 Prozent). Unterm Strich wurden jedoch auch zwei Drittel (66,9 Prozent) der 2022 geprüften Anlagen vorbildlich betrieben und wiesen keine Mängel auf.
Nicht nur Autofahrer nutzen regelmäßig und meist völlig unbedarft Anlagen, von denen eine Explosionsgefährdung ausgeht: Neben den Betankungsanlagen gehören aber auch Füllstellen, Gasfüllanlagen und Lageranlagen für brennbare Flüssigkeiten zu den sogenannten Anlagen in brand- und explosionsgefährdeten Bereichen (Ex-Anlagen). Auch an Biogasanlagen oder Getreide-Silos muss auf den Explosionsschutz besonders geachtet werden. An all diesen Anlagen gehen die ZÜS-Experten von einer besonderen Gefährdungslage aus, da oftmals unbemerkt eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann.
Eine sorgfältige Prüfung durch unabhängige Dritte ist für die Anlagensicherheit dieser als potentiell gefährlich eingestuften Anlagen besonders wichtig. Auffallend ist, dass mehr als die Hälfte der durch die ZÜS-Sachverständigen des TÜV Thüringen geprüften Ex-Anlagen Mängel aufwiesen: Die Mängelquote lag bei 55,8 Prozent. An 15,3 Prozent der Anlagen wurden dabei sogar erhebliche Mängel entdeckt. Ex-Anlagen mit geringfügigen Mängeln machten einen Anteil von 40,5 Prozent aus. Weniger als die Hälfte (44,2 Prozent) der Anlagen mit Explosionsgefährdung war mängelfrei. Die aktuelle Statistik unterstreicht die Notwendigkeit unabhängiger Prüfungen damit deutlich.
Aufzüge werden täglich von Millionen Menschen genutzt – und das nicht nur in Wohngebäuden, auch die meisten öffentlichen Gebäude verfügen mit Blick auf einen barrierefreien Zugang über Aufzugsanlagen. Aufzüge unterliegen besonderen Sicherheitsprüfungen, denn sie müssen rund um die Uhr einwandfrei funktionieren und jederzeit gefahrlos bedient werden können – egal ob von Kindern, Erwachsenen oder Menschen mit Handicap. Statistisch gesehen zählen Aufzugsanlagen zwar zu den sichersten Transportmitteln überhaupt, dennoch bergen die überwachungsbedürftigen Anlagen einige Gefahrenpotenziale, die zu folgenschweren Unfällen führen können. Viele Unfälle werden jedoch nicht offiziell erfasst und ausgewertet. Oftmals werden Unfälle mit Personenschaden vom Betreiber nicht gemeldet, die Dunkelziffer dürfte entsprechend hoch ausfallen.
Die ZÜS-Sachverständigen des TÜV Thüringen haben im Jahr 2022 an nahezu zwei Dritteln (64,0 Prozent) der geprüften Aufzugsanlagen Mängel aufgedeckt. Das entspricht einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr (65,7 Prozent). Positiv zu bewerten ist, dass die Zahl der Aufzüge mit sicherheitserheblichen beziehungsweise gefährlichen Mängeln gegenüber dem Vorjahreswert (13,9 Prozent) auf 12,3 Prozent zurückging. Im Umkehrschluss kann man sagen, dass jeder achte Aufzug schwerwiegendere Mängel hat. Solche Mängel sind zum Beispiel defekte Notrufe, Störungen bei der Notrufweiterleitung an die Zentrale, nicht funktionstüchtige Fangvorrichtungen und Sicherheitsschaltungen, defekte Geschwindigkeitsbegrenzer oder auch beschädigte Umlenkrollen. Der Anteil der geringfügigen Mängel (51,7 Prozent) bewegt sich nahezu auf dem Vorjahresniveau (51,8 Prozent). Nur etwas mehr als ein Drittel der Anlagen (36,0 Prozent) war mängelfrei.