14. März 2024
Wasserstoff als Energiequelle der Zukunft - Zwischen Innovation und Sicherheit
Die wachsende Bedeutung erneuerbarer Energien im Zuge der Energiewende hat Wasserstoff als einen vielversprechenden Energiespeicher und -träger in den Fokus gerückt. Insbesondere im industriellen Bereich bietet Wasserstoff großes Potenzial für eine nachhaltige und emissionsarme Energieversorgung. Der mögliche Beitrag zur Dekarbonisierung breiter Wirtschaftssektoren ist unbestritten. Andererseits verbinden sich mit der Nutzung von Wasserstoff auch Herausforderungen: der Umgang und die Implementierung von Wasserstofftechnologien werfen Sicherheitsfragen auf, die durchaus komplexer erscheinen als zum Beispiel bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe.
Lesen Sie, welche Eigenschaften Wasserstoff zu einem Energieschlüssel der Zukunft machen, welche Aspekte für einen sicheren Umgang beachtet werden müssen, welche Forschungsansätze auf dem Gebiet der Sicherheit aktuell diskutiert werden und weshalb ein klarer regulatorischer Rahmen sowie qualifizierte Weiterbildung für Fachpersonal notwendig sind.
Lesezeit: 4 Minuten
Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum, jedoch mit der geringsten Dichte und der geringsten Atommasse. Obwohl Wasserstoff etwa 75% der Masse und 93% aller Atome unseres Sonnensystems ausmacht, liegt sein Anteil an der Gesamtmasse der Erde lediglich bei 0,03 %. Bei normalen Umgebungsbedingungen mit einer Temperatur von ca. 20 °C und einem atmosphärischen Druck ist Wasserstoff gasförmig. Des Weiteren ist er farb-, geruch- und geschmacklos. Aufgrund seiner sehr geringen Dichte ist Wasserstoff rund 14-mal leichter als Luft.
In seiner flüssigen Form findet Wasserstoff bereits seit längerer Zeit breite Anwendung, etwa in Medizin und Forschung. Bei ca. -253 °C geht Wasserstoff vom gasförmigen in den flüssigen Zustand über und wird dann in speziellen Kryotanks gelagert. Sinkt die Temperatur weiter auf rund - 259 °C, gefriert das Element und bildet einen kristallinen Festkörper.
Wasserstoff besitzt eine hohe Energiedichte, was seinen Einsatz zum Erreichen der angestrebten Ziele der Energiewende sehr interessant macht. Ein Kilogramm Wasserstoff weist den Energiegehalt von etwa 2,8 kg Benzin oder 2,1 kg Erdgas auf. Damit verfügt Wasserstoff über die höchste Energiedichte pro Masse aller konventionellen Brenn- oder Treibstoffe.
Eine immer zu berücksichtigende Gefahr im Umgang mit Wasserstoff ist die leichte Entzündbarkeit. Zwar ist das Element alleine nicht selbstentzündlich, aber in Kombination mit Sauerstoff als Oxidationsmittel und einer Zündquelle können Brände und Explosionen verursacht werden (s. Abbildung 1). Darüber hinaus ist die maximale Flammengeschwindigkeit von Wasserstoff etwa achtmal so hoch wie die von kohlenwasserstoff-basierten Gasen wie Methan oder Propan, d. h. Wasserstoff kann sich bei Entzündung extrem schnell ausbreiten, was in bestimmten Situationen zu schnelleren und intensiveren Bränden oder sogar Explosionen führen kann. Deshalb gilt Wasserstoff als Gefahrstoff und ist immer mit dem entsprechenden Gefahrensymbol gekennzeichnet (s. Abbildung 1).
Abbildung 1. Laut dem sog. Brand- bzw. Explosionsdreieck braucht es neben einem brennbaren Stoff, Sauerstoff und eine Zündquelle, damit ein Brand bzw. eine Explosion entstehen kann (links). Da Wasserstoff in dieser Konstellation hochentzündlich ist, wird er immer mit dem entsprechenden Gefahrensymbol gekennzeichnet (rechts).
Ein weiterer Aspekt, der Wasserstoff zur sicherheitstechnischen Herausforderung macht, ist sein vergleichsweise breiter Explosionsbereich. Bei konventionellen Brennstoffen, wie beispielsweise Methan, Benzin oder Kerosin, liegen die untere und obere Grenze des Explosionsbereichs relativ nah beieinander. So kann z. B. Methan eine explosionsfähige Atmosphäre mit einem minimalen Anteil von 4,4 Vol.-% und einem maximalen Anteil von 16,5 Vol.-% in einem Gas-Luft-Gemisch bilden, bei Wasserstoff haben wir dagegen einen sehr bereiten Bereich, der sich von ca. 4 Vol.-% bis 75 Vol.-% erstreckt (s. Abbildung 2). Eine explosionsfähige Atmosphäre mit Wasserstoff kann dann durch eine sehr geringe Energiemenge entzündet werden und zu einer Explosion führen. Schon 0,02 mJ - eine Energie, die durch einfache alltägliche Aktionen wie eine leichte elektrostatische Entladung beim Berühren oder das Aneinanderreiben von Kleidungsstücken erzeugt werden kann – sind ausreichend, um eine Wasserstoffkonzentration von 30 Vol.-% zu entzünden.
Abbildung 2. Wasserstoff hat einen vergleichsweise breiten Zündbereich von ca. 4 bis 75 Vol.-% in der Umgebungsluft
Eine nicht zu vernachlässigende Gefahr im Zusammenhang mit der Nutzung von Wasserstoff ist die Wasserstoffversprödung bei Materialien. Dies ist insbesondere bei metallischen Werkstoffen eine Herausforderungen. Die Wasserstoffversprödung kann auftreten, wenn ionisierter Wasserstoff in das Kristallgitter eines Metalls eindringt und damit dessen strukturelle Integrität beeinträchtigt. Oder einfacher ausgedrückt: Wasserstoff kann auf Metall einwirken und dieses spröde machen. Es kommt im schlimmsten Fall zu Rissbildung, Brüchen und damit zu Leckagen, durch die der Wasserstoff dann ungehindert austritt. Daraus folgen einerseits wirtschaftliche Einbußen, aber natürlich auch erhebliche Steigerungen des Sicherheitsrisikos. Besonders anfällig sind Leitungen und Speicherbehälter, die für den Transport und die Lagerung von Wasserstoff verwendet werden, da hier in der Regel hohe Drücke herrschen.
Aktuelle Entwicklungen in der Materialforschung zeigen vielversprechende Ansätze, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Verwendung von fortschrittlichen Beschichtungs- und Oberflächenbehandlungstechnologien wie Plasma- und Laserverfahren steht im Mittelpunkt der Bemühungen, die Diffusion von Wasserstoff zu minimieren und Materialversprödung zu verhindern. Insbesondere in der Entwicklung von gasdichten Tanks und Leitungen für die Infrastruktur, aber auch bei der Optimierung von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, finden diese innovativen Materialien mittlerweile Anwendung.
Aufgrund der Gefahren, die von Wasserstoff ausgehen, hat die Sicherheit im Umgang mit diesem Medium hohe Priorität. Ein klar definierter regulatorischer Rahmen bzgl. einschlägiger Aspekte der Wasserstoffproduktion, -speicherung und -nutzung ist unerlässlich, um Sicherheit und Vertrauen in die Wasserstofftechnologien zu gewährleisten. Es existieren zahlreiche Vorschriften und Richtlinien, die darauf abzielen, Sicherheitsrisiken zu minimieren. Dazu gehören auf europäischer Ebene die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU, die ATEX-Richtlinie 2014/34/EU und die ATEX-Betriebsrichtlinie 1999/92/EG und auf nationaler Ebene u.a. das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und die dazugehörigen Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) und für Gefahrstoff (TRGS). Dieser gesetzliche Rahmen stellt sicher, dass Maschinen und Anlagen, die für den Umgang mit Wasserstoff vorgesehen sind, den geforderten Sicherheits- und Gesundheitsschutzstandards entsprechen, Risiken durch explosive Atmosphären reduzieren und den sicheren Betrieb gewährleisten.
So sind beispielsweise für jedes Wasserstoffprojekt eine umfassende Sicherheitsbewertung und Risikoanalyse erforderlich. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass potenzielle Gefahren identifiziert und entsprechende präventive Maßnahmen ergriffen werden. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Sicherheitsvorschriften ist die Konformitätsbewertung und Zertifizierung von Ausrüstungen und Systemen, die die Einhaltung der vorgegebenen Sicherheitsstandards bescheinigen. Darüber hinaus ist für Betriebsbereiche, die durch explosive Atmosphären gefährdet sind, die Erstellung eines Explosionsschutzdokuments obligatorisch. Dieses Dokument umfasst u. a. eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung sowie die festgelegten Schutzmaßnahmen und ist ein zentrales Element im Management von Sicherheitsrisiken.
Der sichere und risikominimierte Umgang mit Wasserstoff wird zudem durch Sensibilisierung und spezialisierte Ausbildung des Personals gestärkt. Ein tiefes Verständnis der technischen und sicherheitstechnischen Aspekte rund um den Einsatz von Wasserstoff ermöglicht es dem Personal, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und angemessen zu handeln. Schulungen zu sicheren Handhabungspraktiken und Notfallreaktionsplänen sind zum Beispiel unerlässlich, um das Risiko von Unfällen zu reduzieren. Diese Ausbildungsprogramme sollten dabei nicht nur den direkten Umgang mit Wasserstoff widerspiegeln, sondern auch immer auf die Einhaltung des regulatorischen Rahmens reflektieren, der in der EU und in Deutschland spezifische Vorschriften für den Umgang mit Wasserstoff vorschreibt.
Bleiben Sie wissbegierig!
Lesen Sie, welche Eigenschaften Wasserstoff zu einem Energieschlüssel der Zukunft machen, welche Aspekte für einen sicheren Umgang beachtet werden müssen, welche Forschungsansätze auf dem Gebiet der Sicherheit aktuell diskutiert werden und weshalb ein klarer regulatorischer Rahmen sowie qualifizierte Weiterbildung für Fachpersonal notwendig sind.
Lesezeit: 4 Minuten
Eigenschaften von Wasserstoff: Welche Sicherheitsrisiken gibt es?
In seiner flüssigen Form findet Wasserstoff bereits seit längerer Zeit breite Anwendung, etwa in Medizin und Forschung. Bei ca. -253 °C geht Wasserstoff vom gasförmigen in den flüssigen Zustand über und wird dann in speziellen Kryotanks gelagert. Sinkt die Temperatur weiter auf rund - 259 °C, gefriert das Element und bildet einen kristallinen Festkörper.
Wasserstoff besitzt eine hohe Energiedichte, was seinen Einsatz zum Erreichen der angestrebten Ziele der Energiewende sehr interessant macht. Ein Kilogramm Wasserstoff weist den Energiegehalt von etwa 2,8 kg Benzin oder 2,1 kg Erdgas auf. Damit verfügt Wasserstoff über die höchste Energiedichte pro Masse aller konventionellen Brenn- oder Treibstoffe.
Eine immer zu berücksichtigende Gefahr im Umgang mit Wasserstoff ist die leichte Entzündbarkeit. Zwar ist das Element alleine nicht selbstentzündlich, aber in Kombination mit Sauerstoff als Oxidationsmittel und einer Zündquelle können Brände und Explosionen verursacht werden (s. Abbildung 1). Darüber hinaus ist die maximale Flammengeschwindigkeit von Wasserstoff etwa achtmal so hoch wie die von kohlenwasserstoff-basierten Gasen wie Methan oder Propan, d. h. Wasserstoff kann sich bei Entzündung extrem schnell ausbreiten, was in bestimmten Situationen zu schnelleren und intensiveren Bränden oder sogar Explosionen führen kann. Deshalb gilt Wasserstoff als Gefahrstoff und ist immer mit dem entsprechenden Gefahrensymbol gekennzeichnet (s. Abbildung 1).
Abbildung 1. Laut dem sog. Brand- bzw. Explosionsdreieck braucht es neben einem brennbaren Stoff, Sauerstoff und eine Zündquelle, damit ein Brand bzw. eine Explosion entstehen kann (links). Da Wasserstoff in dieser Konstellation hochentzündlich ist, wird er immer mit dem entsprechenden Gefahrensymbol gekennzeichnet (rechts).
Ein weiterer Aspekt, der Wasserstoff zur sicherheitstechnischen Herausforderung macht, ist sein vergleichsweise breiter Explosionsbereich. Bei konventionellen Brennstoffen, wie beispielsweise Methan, Benzin oder Kerosin, liegen die untere und obere Grenze des Explosionsbereichs relativ nah beieinander. So kann z. B. Methan eine explosionsfähige Atmosphäre mit einem minimalen Anteil von 4,4 Vol.-% und einem maximalen Anteil von 16,5 Vol.-% in einem Gas-Luft-Gemisch bilden, bei Wasserstoff haben wir dagegen einen sehr bereiten Bereich, der sich von ca. 4 Vol.-% bis 75 Vol.-% erstreckt (s. Abbildung 2). Eine explosionsfähige Atmosphäre mit Wasserstoff kann dann durch eine sehr geringe Energiemenge entzündet werden und zu einer Explosion führen. Schon 0,02 mJ - eine Energie, die durch einfache alltägliche Aktionen wie eine leichte elektrostatische Entladung beim Berühren oder das Aneinanderreiben von Kleidungsstücken erzeugt werden kann – sind ausreichend, um eine Wasserstoffkonzentration von 30 Vol.-% zu entzünden.
Abbildung 2. Wasserstoff hat einen vergleichsweise breiten Zündbereich von ca. 4 bis 75 Vol.-% in der Umgebungsluft
In geschlossenen Räumen ist die Gefahr jedoch höher, da sich das Gas dort in entsprechenden Konzentrationen ansammeln kann. Eine Belüftung von wasserstoffbezogenen Innenräumen ist daher immer angezeigt. Im Außenbereich hingegen sinkt das Brand- und Explosionsrisiko stark, da der Wasserstoff sich hier häufig schnell verflüchtigt. Dennoch ist immer Vorsicht geboten - insbesondere in der Nähe von Wasserstofftanks und -leitungen. Auch potentielle Zündquellen sind stets von diesen Behältnissen fernzuhalten.
Wasserstoffversprödung
Aktuelle Entwicklungen in der Materialforschung zeigen vielversprechende Ansätze, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Verwendung von fortschrittlichen Beschichtungs- und Oberflächenbehandlungstechnologien wie Plasma- und Laserverfahren steht im Mittelpunkt der Bemühungen, die Diffusion von Wasserstoff zu minimieren und Materialversprödung zu verhindern. Insbesondere in der Entwicklung von gasdichten Tanks und Leitungen für die Infrastruktur, aber auch bei der Optimierung von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, finden diese innovativen Materialien mittlerweile Anwendung.
Regulatorischer Rahmen: Welche Vorschriften sind zu beachten?
So sind beispielsweise für jedes Wasserstoffprojekt eine umfassende Sicherheitsbewertung und Risikoanalyse erforderlich. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass potenzielle Gefahren identifiziert und entsprechende präventive Maßnahmen ergriffen werden. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Sicherheitsvorschriften ist die Konformitätsbewertung und Zertifizierung von Ausrüstungen und Systemen, die die Einhaltung der vorgegebenen Sicherheitsstandards bescheinigen. Darüber hinaus ist für Betriebsbereiche, die durch explosive Atmosphären gefährdet sind, die Erstellung eines Explosionsschutzdokuments obligatorisch. Dieses Dokument umfasst u. a. eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung sowie die festgelegten Schutzmaßnahmen und ist ein zentrales Element im Management von Sicherheitsrisiken.
Der sichere und risikominimierte Umgang mit Wasserstoff wird zudem durch Sensibilisierung und spezialisierte Ausbildung des Personals gestärkt. Ein tiefes Verständnis der technischen und sicherheitstechnischen Aspekte rund um den Einsatz von Wasserstoff ermöglicht es dem Personal, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und angemessen zu handeln. Schulungen zu sicheren Handhabungspraktiken und Notfallreaktionsplänen sind zum Beispiel unerlässlich, um das Risiko von Unfällen zu reduzieren. Diese Ausbildungsprogramme sollten dabei nicht nur den direkten Umgang mit Wasserstoff widerspiegeln, sondern auch immer auf die Einhaltung des regulatorischen Rahmens reflektieren, der in der EU und in Deutschland spezifische Vorschriften für den Umgang mit Wasserstoff vorschreibt.
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